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Im Hundewald

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In den letzten Tagen spielten hier im Norden die Temperaturen verrückt. Erst einsetzendes Frühlingswetter mit schönstem Morast auf Feld, Wiesen und im Wald. Dann wieder ein Temperatursturz unter die Null-Marke und die ganze Soße wieder eingefroren und eindrücklich für die Nachwelt konserviert. Auf Naturwegen hatte man die Wahl, den Tritten eines Vormenschen peinlichst zu folgen oder auf hochgefrorenen Trittwülsten mehr oder weniger elegant entlang zu balancieren. Ein glücklicher Mensch, der keinen eifrigen Hund an der Leine hat, der zickzack zieht. Oder zwei. Oder drei.

Wir wollten unseren Vierbeinern, die unruhig auf Action brannten, auch mal Spaß bieten und sind nun drei Tage in Folge in den Hundewald gefahren. Wer das nicht kennt: es handelt sich bei Hundewäldern um sorgsam eingezäunte Waldabschnitte, in denen die Vierbeiner sich nach Herzenslust austoben dürfen. Dabei treffen sie natürlich auch auf andere Hunde nebst Besitzern.

Der durchschnittliche Hundewaldbesucher hat sich für dieses Ereignis nicht aufgebrezelt, sondern trägt derbe Schuhe, einen unempfindlichen Mantel, eine alte Hose. Wer eine Hundekontaktallergie hat, sollte hier nicht aufkreuzen. Ebenso Zeitgenossen, die große Hunde fürchten, aber ihren kleinen Pucki mal laufen lassen wollen. Die Großen laufen hier in Massen rum. Aber manchmal trifft man doch so Paradiesvögel, die beim Anblick eines herangaloppierenden Mazels die Arme oder ihren Pucki hochreißen. Ach je.

Der durchschnittliche Hund im Hundewald ist regelmäßiger Gast hier und kommt mit dem freilaufenden Pack gut zurecht. Je nach Temperament hält er sich eher am Rande oder mitten im Geschehen auf, sucht die Nähe seiner Besitzer oder lässt sich als Hund im Glück erstmal nicht mehr blicken. Die ganz kleinen sieht man seltener, die mittleren und großen Hunde prägen das Bild. Aus Gesprächen mit anderen Besuchern habe ich den Eindruck gewonnen, dass überdurchschnittlich viele Tierheimhunde oder Ferienhunde sich in Hundewäldern rumtreiben. Eine internationale Gesellschaft ist das: Spanier, Griechen, Polen … Unsere Hunde sind hier also bestens aufgehoben. Wo sich wohl die Rassehunde vom Züchter die Beine vertreten?

Gestern war offensichtlich großes Treffen der behinderten Hunde. Ein kleiner Terrier klapperte munter mit einem Gehwägelchen den Weg entlang. Und dann die Wahnsinnsbegegnung: Wir hatten uns gerade entschieden, für heute mal Schluss zu machen und näherten uns dem Tor. Da fuhr ein kleiner Transporter vor und eins, zwei, drei, vier, … wir zogen die Augenbrauen erstaunt hoch … fünf, sechs vorwiegend Jagdhunde stiegen aus! An straffer Leine und aufgeregt winselnd und bellend zogen zwei riesige Doggen und zwei andere große Schlappohren einen Mann bis zum Zaun. Eine Frau folgte mit zwei schlanken anderen. Großes Abgekoppel, als alle das Gelände betreten hatten. Unsere drei Hunde formierten sich beklemmt als Kleinstrudel.

Neugierig gingen wir näher und begrüßten die Neuen. Wir fragten: “Hundeliebhaber oder Profis?” – Wir dachten an Hundeausführservices oder Hundepensionen.

“Nein”, hörten wir, “Das hat sich alles so entwickelt. Wir haben 14 Hunde. Die anderen acht sind zuhause.”

Uns fielen ein bisschen die Augen aus dem Kopf. Aber die zugehörige Geschichte folgte auf den Fuß. “Wir holen uns die nicht vermittelbaren alten, blinden, tauben und schiefen Hunde aus dem Tierheim. Der hier ist taub (weiße Dogge).”

Die beiden Menschen sahen ordentlich aus, im Leben stehend und organisiert, die Hunde wohlgenährt, interessiert, entspannt. Ein Rudel, das sich wohl über viele Jahre gebildet hat und seinesgleichen sucht. Ein anderer Begriff dafür: Gnadenhof. Toll, dass man auch so was mal sieht.

Heute im Hundewald stolperte eine Familie – Oma, Mama mit Absatzstiefelchen, ungefähr sechsjährige Tochter – mit ihrem Weihnachtswelpen, einen gelben, kleinen Boxer, über den Morastweg. Auch so was sieht man. Auch das hat sich vermutlich so entwickelt. Aber die gestrige Truppe halte ich irgendwie für die stabilere.

Copyright by Rike Menn


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